Die Prioritäten in verschiedenen Lebensabschnitten
Einige von uns sind vielleicht in der privilegierten Situation, Familienvater zu sein. Meine Tochter ist nun etwas älter als 4 Jahre und seit dem Tage ihrer Geburt hält sie uns mit ihrer unerschöpflichen Energie und Aktivität im oberen Energiebereich. Es ist unbeschreiblich, wie ein derart zartes und kleines Geschöpf über Stunden hinweg, so viel einfordern kann, unternehmen möchte und aktiv ist.
Können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie Ihr Leben als Single, oder bevor Sie Familienvater wurden, führten?
Ich war Prokurist in einem Start-Up-Unternehmen. Als Quereinsteiger arbeitete ich als Softwareentwickler in einem kleinen Büro in der Nähe von München in Deutschland. Die Vorgeschichte selbst wäre schon einen eigenen Artikel wert. Nur soviel - ein 14 Stunden Tag war meine Regel und ich war zwischen 04:30 Uhr bis gegen 19:00 Uhr ausser Haus. Anschliessend noch joggen, Hausarbeit, etwas fernsehen und anschliessend ins Bett. Meist gegen 23:00 Uhr. 5 Stunden später klingelte der Wecker erneut und mein Tag begann von vorne. Ruhe gab ich mir meist nur an Sonntagen, aber dies auch nicht konsequent.
Das klingt nicht nach einem Menschen, auf den Familie, Frau, oder Kind zu Hause wartet. Und so war es auch. Für einen alleinstehenden Mann mit Anfang/Mitte 30, der 24 Stunden zur alleinigen Planung ausschliessliche für sich selbst zur Verfügung hat, ist eine solche Lebensführung nicht ungewöhnlich und auf der anderen Seite macht es einen ein klein wenig interessanter - hat man mehr im sozialen Umfeld zu prahlen. Das zumindest war meine gängige Meinung. Gleichzeitig, obwohl man ein anscheinend unendliches Kontingent aus Zeit besitzt, fühlte ich mich wie ein Hamster im Laufrad. Ich war gehetzt, gestresst und nicht zufrieden mit der Situation. Obwohl ich Prokura hatte, fühlte ich mich fremdgesteuert. Ganz gleich ob es sich dabei um den Inhaber, meine Kunden oder meine Angst zu Versagen handelte. Ich arbeitete, arbeitete und arbeitete noch mehr. Doch trotzdem nahm die Arbeit nie ab. Dafür aber die Zeit zum Schlafen. Immer wieder ergab sich ein Zeitraum, in dem man noch eine schnelle Sache erledigen konnte. Ich hatte das Gefühl auf der Stelle zu treten.
Es musste sich etwas ändern. Anfänglich eher im Mikrokosmos-Bereich. Ich liess es zu, mit Musik meine Wochenenden zu füllen - spielte wieder Klavier. Es war ein gutes Gefühl und bot mir eine echte Alternative zur Wochenendarbeit.
Ich nahm aktiver am öffentlichen Leben teil und wenn es keine Vorbestimmung im Leben gibt, war es doch ein ziemlich grosser Zufall, dass ich meine Frau traf und ich von Anfang an wusste, was sie für ein Schatz in meinem Leben sein würde. Sie wurde nicht nur mein bester Freund und meine Liebe, sondern auch mein bester Coach - auch, wenn ich das nie so richtig erkannte, da meine Arbeitsbelastung dies gar nicht zuliess.
Grundlegend änderte sich alles erst, als unsere Tochter geboren wurde. Das war im Dezember 2014. Ihre Art und Charakter macht es bis heute nahezu unmöglich, zwei Dinge parallel auszuüben. Sie lehrte mich, vollkommen bei ihr zu sein. Mit der ganzen Aufmerksamkeit, die ich hatte. Ein Blick auf das Smartphone um nur kurz geschäftliche Mails zu prüfen und sie war im nächsten Moment verschwunden. Ich musste mich entscheiden - und tat es für meine Tochter und auch für meine Familie.
Ich denke, dass dies die Vorbereitung auf meine jetzige Sicht der Dinge ist. So gerne ich arbeite, so sehr ich es liebe zu Programmieren und Kunden glücklich zu machen - müsste ich mich zwischen privat oder beruflich entscheiden - es wäre nun wesentlich einfacher. Nichts, absolut nichts, kann eine Familie ersetzen.
Lassen Sie sich das auch nie von Kollegen, Sie kennen mit Sicherheit einen Workaholic in Ihrem Umfeld, ausreden.
Als mir bewusst wurde, was wirklich der Antrieb und Motivation in meinem Leben war, fiel es mir wesentlich leichter, Prioritäten zu setzen, Ziele zu definieren und mich besser abzugrenzen. Ich gab mir z. B. selbst das Versprechen, Termine, die wichtig für meine Tochter sind, wahrzunehmen. Ich möchte für sie ein guter und zuverlässiger Vater sein, ihr aber auch mitteilen, dass das, was ich im Büro erledige, auch wichtig ist. Dennoch - es gibt nichts schöneres für mich als Papi, als in die freudestrahlenden Augen meiner Tochter zu blicken, wenn sie merkt, dass genau jetzt, sie im Zentrum steht und sie wichtiger als all meine Arbeit ist.
Um das zu realisieren, ist es wichtig, dass ich mit einem "aufgeräumten" Kopf nach Hause komme. Die nächsten Aufgaben sind in einem sicheren System hinterlegt, so dass nichts vergessen werden kann. Was mir geholfen hat sind die nun folgenden Punkte, die wir noch ausführlicher analysieren werden.
Versuchen Sie sich darauf einzulassen, dass eine strikte Trennung zwischen Arbeit und Privatleben nahezu unmöglich ist. Sie würden möglicherweise zu viel Energie in die Aufrechterhaltung der Grenzen investieren müssen. Aus meiner Sicht ist es wesentlich besser ein System zu installieren, dass es einem erlaubt, sich dann abgrenzen zu können, wenn man es muss oder möchte. Das hilft Ihnen auch während Ihrer Arbeit. Hier gilt es, sich auf die beruflichen Aufgaben zu fokussieren oder Störungen aus sozialen Medien auszuschalten.
Meine wichtigsten Aufgaben, die ich erledigen muss, lege ich bereits einen Tag vorher fest. Entweder kurz vor Feierabend, oder kurz vor dem ins Bett gehen. Dadurch haben Sie noch die Möglichkeit auf dringliche Mails zu reagieren und diese in Ihrer Priorisierungsphase einzubeziehen. Es gibt sicherlich viele Stimmen, auch von Experten, die Ihnen eher empfehlen, Mails am Morgen zu prüfen und danach zu entscheiden. Für mich persönlich ist es effizienter, wenn ich weiss, was ich erledigen muss, wenn ich den Fuss ins Büro setze. Alle Aufgaben und Aktionen sind klar und ich kann sofort anfangen. Mails oder Chats können mich nicht mehr ablenken, da sie ausgeschaltet bleiben.
Die Priorisierung und Festlegung der Aufgaben erfolgt über eine Methode, die sich THE GOLDEN 10 nennt und von Carl Pullein entwickelt wurde. Wir werden das im Detail in einer der kommenden Artikel ansehen. Grob gesagt, werden in 10-15 Minuten am Tagesende, 2 Haupt- und 8 Nebenaufgaben festgelegt. Zu den Hauptaufgaben zählen Aufgaben, die sie Ihren beruflichen oder privaten Zielen näherbringen. Fitnessübungen für Ihr persönliches Wohlergehen oder Projektaufgaben, die Sie ein gutes Stück weiter an Ihr Ziel bringen. Zu den 8 Nebenaufgaben gehören unter anderem die nächsten Aufgaben in Ihren Projekten, Aufgaben, die Sie irgendwann oder vielleicht mal erledigen wollten oder Routineaufgaben, wie der monatliche Statusbericht für Ihre Kunden. Die Methode zwingt Sie, Ihre Aufgaben durchzugehen und genau 10 Aufgaben für den nächsten Tag festzulegen und zu entscheiden, was Sie für sich oder die Arbeit erledigen möchten. Eine Hauptaufgabe könnte ja sein, dass Büro schon am Mittag zu verlassen...
Ich verlasse mein Büro nur, wenn mein Posteingang aufgeräumt ist. Mails, auf die ich warte, oder die ich erledigen muss, lege ich in separaten Ordnern ab. Aktionen, die sich daraus ableiten lassen, erfasse ich als Aufgabe in TODOIST, meinem To-Do- Programm. Sie müssen Herr über Ihre Mails und Termine werden
Ich plane meine Aufgaben auf Basis meines Kalenders. Muten Sie sich selbst nicht zu viele Aufgaben zu, wenn Sie einen Tag mit vielen Besprechungen haben. Setzen sie sich Zeitblocker, in denen Sie ungestört und konzentriert an Ihren Aufgaben arbeiten können.
Ideen oder Gedanken lege ich in einem vertrauenswürdigen System ab, so dass ich diese Ideen später weiterentwickeln oder auch verwerfen kann. Das kann, je nach Art, meine Note-Taking-App EVERNOTE, oder TODOIST sein.
Befindet sich das, was sie als nächstes tun müssen, in einem sicheren und vertrauenswürdigen System, dann ist es für Ihr Gehirn nicht notwendig, lose Enden im Kopf behalten zu müssen. Sie lassen los, weil Sie wissen, dass alles da ist, wo sie es schnell wiederfinden und können so, den Augenblick, in dem Sie sich befinden, vielleicht ein klein wenig mehr geniessen.
Im nächsten Artikel starten wir dann gemeinsam mit dem Aufbau des Systems und der Einrichtung der jeweiligen Programme. Ich freue mich, wenn Sie wieder dabei sind.