WORK LIFE BALANCE und der Urlaub

Vor Kurzem konnte ich ein Gespräch zwischen zwei Kollegen verfolgen, in dem es um den zur Zeit wieder aktuellen Begriff WORK-LIFE-BALANCE ging. Auffällig war jedoch, dass jeder eine andere Auffassung davon hatte, wie er zu dieser Balance kommen würde und worauf sich insbesondere der Arbeitgeber einstellen müsste, damit das Privatleben des Angestellten so verläuft, wie es sollte. Die vollkommene Verwirrung entstand dann, als ich meine eigene Interpretation des WORK-LIFE-SHAKES vorstellte.
Immer wieder trifft man auf dieses Statement WORK-LIFE-BALANCE. Arbeitgeber bewerben damit ihre grosszügige Unternehmenskultur, Arbeitnehmer erhoffen sich, ihr Arbeits- und Privatleben besser abzugrenzen.
Doch wenn man WORK-LIFE-BALANCE in seine Bestandteile zerlegt, können sich bereits bei der Definition unterschiedliche Interpretationen und Intentionen daraus ableiten. Sehen wir uns kurz die einzelnen Begrifflichkeiten einmal näher an:
WORK
Aus dem Begriff der ARBEIT lassen sich diverse Definitionen ableiten. Von Seite der Betriebswirtschaftslehre ist sie eine plan- und zweckmässige Tätigkeit von Arbeitspersonen. In der Physik ergibt die Arbeit die Energiemenge, die bei einem Vorgang umgesetzt wird und in der Sozialwissenschaft eine zielbewusste, sozial durch Institutionen begründete menschliche Tätigkeit. Arbeit kann auch der Neudekoration des Kinderzimmers, dem wöchentlichen Einkauf oder der Ablage von Briefen zugeordnet werden. Auch unsere Tochter im Montessori-Kindergarten verrichtet Arbeiten, in dem sie z.B. malt oder andere Dinge erledigt. Arbeiten müssen nicht nur einen beruflichen Aspekt haben, denn auch die privaten Projekte beschreiben Arbeit.
LIFE
Leben bedeutet auf Begriffsebene die Organsiations- bzw. Prozessform, die leblose Materie von Lebewesen unterscheidet und die Gesamtheit der Lebewesen in einem abgegrenzten Gebiet. Bedeutet Leben dann in diesem Zusammenhang, dass dieses erst nach Feierabend beginnt? Sind wir während der Arbeitszeit, leblose und tote Materie, die mit Beginn der Feierabendsirene ihren Zustand vollständig ändert?
BALANCE
Auch hier existieren vielerlei Erklärungen. Uns soll aber die des Einhaltens eines Gleichgewichtes von 50:50 bedeuten, wobei Feinkorrekturen möglich sind.
In unserer heutigen technologischen Zeit, in der die Globalisierung zunehmend wächst, scheint es mir schwer, ein Leben zu führen, dass man je zur Hälfte in Arbeit und Privatleben trennen kann. Abteilungen die auf der anderen Seite des Erdballs ausgelagert sind, Kunden, die nur zu bestimmten Zeiten erreichbar sein können oder die eigene Präferenz der Tageszeit, zu der man die bestmögliche Leistung erbringen kann (von Lärchen und Eulen).
Ich denke nicht, dass diese Herangehensweise zweckmässig ist. Zu viel Energie muss in die Erhaltung der Grenzen gesteckt werden, damit die beiden Bereiche getrennt bleiben. Doppelte Kosten wie das private und geschäftliche Smartphone oder das Notebook entstehen zusätzlich. Wir müssen lernen zu akzeptieren, dass bestimmte Situationen sowohl in den privaten, als auch in den beruflichen Bereich Einfluss haben können. Sicherlich ist es nicht die Erfüllung am Wochenende zu Arbeiten, weil ein dringendes Projekt abgeschlossen werden muss. Doch wer hat schon nicht einmal während der Arbeitszeit das Büro verlassen, weil er einen Arzttermin hatte oder ist am morgen später gekommen, weil die Tochter betreut werden musste.
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Stellen sie sich einfach einen ins Wasser geworfenen Stein vor. Für einen bestimmten Moment ist das Wasser aufgebracht, die Wellen sind gross. Doch das Wasser nimmt mit zunehmender Zeit eine zunehmend entspannte Form an. Wellen werden kleiner und zum Schluss ist das Wasser wieder in seinem Urzustand. So sollten wir auch bei Arbeitsunterbrechungen reagieren. Solche, die nicht in unser gewohntes Schema passen.
All das, ist normal in unserer Zeit geworden. Wir können immer und überall erreichbar sein, wenn wir es wollen. Und wir müssen Gewohnheiten entwickeln, die es erlauben, das zu machen, zu dem Zeitpunkt, zu dem wir es machen wollen. Wir können uns bewusst entscheiden, ein Mail am Samstagabend zu beantworten. Weil wir es möchten. Nicht, weil wir aus einem Schuldgefühl oder falschem Pflichtbewusstsein heraus handeln.
Diese Veränderung, in der Psychologie spricht man von Transformation, habe ich gemacht. Sie war langwierig und schwierig, aber nach vielen Büchern zur Lebenshilfe, Selbstorganisation, Mental-Coaching und Online-Kursen, habe ich es geschafft. Das "Nein" sagen. Das sich abgrenzen.

Für mich war dieser Punkt der Änderung während einer Kurzreise mit meiner Frau. Wir verbrachten ein paar Tage in London und sassen in einem Teehaus, als am Nachmittag mein Telefon klingelte. Natürlich war es das Geschäft. Ich war hin- und hergerissen. War ich doch in den Ferien. Es überkam mich ein Gefühl von Unsicherheit (hatte ich etwas falsch gemacht oder vergessen), Wut und Hilflosigkeit. Meine Frau klärte die Situation für mich, in dem sie mir anbot, dass ich doch bitte das Telefonat entgegennehmen soll. Ihr wären 5 Minuten der Abwesenheit lieber, als das nachmittägliche Grübeln, was denn so wichtig wäre. Das Telefonat war ernüchternd. Nichts wichtiges. Kein Weltuntergang. Kein Fehler. Nur eine Frage zu einer Rechnung, die, wie mein Kollege sagte, locker bis nach meinen Ferien hätte warten können. Das war der Moment der Änderung. Ich lernte "Nein" zu sagen. Es war am Anfang sehr schwierig und fällt mir auch jetzt nicht immer leicht.
Die zweite Phase begann, als unsere Tochter da war und wir in die Ferien nach Italien fuhren. Die ersten Ferien als Familie. Für meine Arbeitskollegen war es normal sich während ihrer Ferien anzurufen und zu signalisieren, dass sie auch während ihrer Erholung gut erreichbar sind und arbeiten. Sie belächelten mich, als ich ihnen mitteilte, dass ich mein Telefon für Notfälle dabei hätte. Aber nur medizinische und familiäre. Ich zog es durch. Ich sah zwar in regelmässigen Abständen auf das Handy, aber das Display zeigte keine Anrufe aus dem Büro. So begannen meine ersten Ferien, die richtig erholsam waren.
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Das Meisterstück vollbrachten wir dann im letzten Jahr, als wir auf der spanischen Insel La Gomera unsere Sommerferien verbrachten. Meine Kollegen wussten schon, dass ich nicht erreichbar war. Doch zusätzlich hatte ich auch meine Projekte und Kunden schon lange im Voraus so geplant, dass es keine terminlichen Engpässe gab. So wenig Mails hatte ich nach meiner Rückkehr aus den Ferien noch nie. Mein Telefon blieb im Hotelsafe und ich fragte meine Frau in regelmässigen Abständen nach dem Wochentag. Ich war ganz und gar bei meiner Familie und genoss jeden Augenblick mit ihnen. Die Augenblicke, die nie wiederkommen. Das Schwimmen mit meiner Tochter im Pool, das Sammeln von Schätzen (gemeint sind Muscheln) am schwarzen Strand oder die traumhaften Sonnenuntergänge. Wir waren ganz bei uns und im Moment. Kein Gedanke an das Büro, die Kunden, die Heimat. Die Aufmerksamkeit war ganz bei uns, der Natur, dem guten Essen, der Sonne und allem, was man für einen schönen Urlaub braucht. Die Zeit haben wir komplett vergessen. Und der Abschied von der Insel fiel uns schwer. Auch unsere Tochter spricht immer wieder von dieser Reise und möchte am liebsten sofort wieder zurück nach La Gomera.
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Ich will nicht sagen, dass es einfach war und es ist es auch heute nicht. Doch glaube ich, dass man mit den richtigen Methoden, der Entwicklung von Gewohnheiten und dem Einsatz der entsprechenden Werkzeugen sein Leben auf den Moment, in dem man sich gerade befindet, lenken und fokussieren kann. Selbst Gewohnheiten werden wir in diesem Blog analysieren und gute Gewohnheiten zu unserem Vorteil nutzen, schlechte abstellen. Abgrenzung, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort ist ein Schlüssel zu diesem Konzept. Dann ist man ganz störungsfrei bei seiner Tochter, bei der Frau, aber auch bei der Arbeit im Büro. Man lernt zuzuhören, Gespräche zu führen, freundlich zu seinen Mitmenschen zu sein.
In Zeiten ständiger Störungen von Facebook und Co. fällt es ziemlich einfach, sein Kind, wenn auch nur kurz, links liegen, sich alleine beschäftigen zu lassen, damit man die Information erhält, dass ein Freund nun ein rotes, statt ein grünes T-Shirt eingekauft hat. Das ist es aber nicht wert. Wertvoll ist die gemeinsame Zeit, die man mit seiner Familie verbringt. Die kommt nicht wieder.
Ich sage nicht, dass man berufliche Interessen immer hinten anstellen soll. Immer wieder müssen wichtige Projekte abgeschlossen werden, Termine realisiert und Arbeiten in hoher Qualität abgeliefert werden.
In den nächsten Wochen stelle ich Ihnen dann mein Setup vor, wie ich mein Leben, meine Aufgaben und meine Tage und Wochen organisiere, vor. Das muss nicht für Sie zutreffen, aber ich denke es könnten interessante Punkte für jeden dabei sein.
In diesem Sinne: Geniessen Sie den Moment, in dem Sie sich befinden